Kost-Proben-Texte

 

VERLUST_KLICK

Welch Original, der Dichter Drexler!

Wohnhaft im Herzen von Neukölln,

Wortschöpfer, -spieler und auch -häcksler.

Scherzkekse gibt’s nicht nur in Mölln.

 

Jedoch seitdem Corona wütet,

statt Poesie nur Schleimfluss fließt

und bronchial das Bett er hütet.

Er spürt, sein Leben ist vermiest.

 

Doch dann erreicht ihn eine E-Mail.

Die reißt ihn aus der Depression.

„Mein lieber Drexler, auch auf dich zähl´

ich für die Lesungs-Test-Version.

 

Film ab für Video-Konferenz

aus sechs verschied´nen trauten Heimen.

Das ist notwend´ge Konsequenz

im Kampf mit den viralen Keimen.“

 

Drexler ist glücklich, ja begeistert,

sortiert gleich Sprüche und Gedichte.

Sein Hirn ist nicht mehr arg verkleistert,

sondern erhellt im Lyrik-Lichte.

 

Flugs sucht er auch noch Requisiten:

Hut, Mütze, Tuch, ein schickes Hemd.

Und er füllt gleich noch Abfalltüten

mit Messi-Müll, der ihn oft hemmt.

 

Am nächsten Abend dann die Probe.

Der Moderator sagt „ok“

zu Bild und Ton. Mit großem Lobe

dankt Drexler ihm und dem PC.

 

Doch kurz Konferenz-Beginn

bekommt der Dichter Muffensausen.

Wo ist das Videobild nur hin?

Was macht die Kamera für Flausen?

 

Im Chatroom gibt´s noch ein paar Tipps:

der Dichter denkt & tippt & schaltet,

macht Fenster zu. Jedoch kein Knips

ist hilfreich – ist die App veraltet?

 

Schlussendlich: statt bewegten Bildern

mit Drexlers ausdrucksvollen Gesten

ein SCHWARZER Schirm! Muss ich jetzt schildern,

dass der Poet dem Heul`n am nächsten

 

war, anstatt die Liebe hoch zu loben?

Er mocht´ wohl einfach nicht verstehn,

dass vielleicht EINER hoch da droben

manchmal auch Bilder lässt verschüttgehn.    

 


Zwei Cafè¨-Haus-Gedichte aus der Rubrik
Gedichte über Liebe und (Um-)Triebe


cafè  verdr he t


berlinisch bleierner himmel
hirnverhangener nachmittag
den vorhang beiseite schiebend
bestelle ich cappuccino
gegen die fade melange
in meinem hinterstübchen
-sehnsucht nach frischer brise

wie im märchen aus 1000 und einem tage
schwebt aus dem orientalischen off
ein fliegendes tablett mit tasse
belebende bräune
verdeckt unter weissem häubchen
bestäubt mit etwas zimt
-anregend für geist und sinne

spiegelverkehrt im wasserglas
seh ich all dies
und die kellnerin
meinen kopf verdrehend
überm kapuzenshirt
ihren schritten folgend
-signorina cappuccina


erste sahne
arbeitsloser akademiker
auf der suche nach lust
bereit zu sieben todsünden
im siebten stockwerk
im kaufhaus des kotzens

der letzte zerknitterte schein
geht über den tresen
für eine nobel-torte
massiv schokolade
fähig zum durchbrechen
härtester krusten der seele

zu hause am tisch
dessert for one
in kleinen häppchen
schwindet das törtchen
und auch der frust

trotz schwere im magen
spontane gedankenblase
links- und auch rechtsdrehend:
wär joghurt nicht leichter?

oder fühlte ich mich
nicht um vieles leichter
beim teilen der torte
mit der konditorin?

 

Kurzer Auszug aus der  Neuköllner Satire

Von vorgestern nach Übermorgen

"Verdammte Scheiße, hast du ´ne Scheibe?" Polizeimeister Rudolf Ritter flucht selten. Aber vor ein paar Sekündchen ist sein Schädel nur Millimeterchen vor der Frontscheibe des Streifenwagens zum Halten gekommen. Schnell setzt er noch nach:"Paule, bist du bekloppt? Vollbremsung auf leerer Straße um 3 Uhr morgens. Hast du homöopathische Drogen genommen?" Statt zu antworten, dreht Polizeiobermeister Pommerenke seinen Kopf nach scharf links. Die eigentlich vorgesehene Frage: "Was glotzt du denn so blöd?", bleibt PM Ritter im Hals stecken. Eine der vielen unausgesprochenen Fragen, an denen unsere Zeit so reich ist. Im Eingangsportal zum Friedhof der St.-Thomas Gemeinde steht ein Pferd mit einem Mann im Sattel. Der schaut langsam nach rechts und links. Dann überquert der Gaul vorsichtig die Hermannstraße.  POM Pommerenke hat sich wieder gefasst. Länger als eine Minute darf bei ihm keine Schrecksekunde dauern. Mit Blaulicht fährt er dem Reiter langsam hinterher. Der nimmt den Weg zwischen den alten Friedhöfen zum Tempelhofer Feld. "Was will der Typ mit dem bunten Fummel hier? Ist das ´n schwuler Zigeuner?" PM Ritter fällt zu den Fragen seines Kollegen erst einmal nur ein, dass man jetzt "Sinti und Roma" sagen soll.  
 

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